Starke GRÜNE. Gut für Europa. Gut für Niedersachsen.

Beschluss der Landesdelegiertenkonferenz von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Niedersachsen am 04./05.Mai 2019 in Osterholz-Scharmbeck

Die Europäische Union ist eine große Errungenschaft. Gemeinsam haben wir in den letzten 70 Jahren einen Raum geschaffen, in dem Bürger*innen mitbestimmen können, in dem gewählte Parlamente und nicht mehr Kriege entscheiden und in dem alle Menschen vor dem Recht gleich sind. Auch wir in Niedersachsen profitieren seit Jahrzehnten von Frieden, Freiheit und Wohlstand. Und die Europäische Union ist ein Versprechen für die Zukunft. Ein Versprechen für Frieden und Freiheit, Sozialstaat und Gleichberechtigung, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit und den Schutz unserer Lebensgrundlagen. Für eine gute Zukunft brauchen wir die Europäische Union mehr denn je.

Wir treten daher bei der Europawahl an, um die Europäische Union zu stärken und sie handlungsfähiger zu machen. Wir engagieren uns für ein ökologisches, demokratisches und soziales Europa. Die Europawahl entscheidet, ob wir als Gesellschaft in der Lage sein werden, den großen Herausforderungen unserer Zeit mit großen Antworten zu begegnen. Oder ob wir den Kopf in den Sand stecken. Denn wir als Europäer*innen sind so herausgefordert wie lange nicht mehr: Die internationale Ordnung bröckelt, die europäische Einigung wird innerhalb und außerhalb Europas bekämpft. Deshalb ist diese Europawahl so entscheidend: Es geht darum, ob gemeinsame Errungenschaften zerfallen oder ob die Europäische Union zu neuer Stärke und Handlungsfähigkeit findet.

Der Brexit zeigt, dass die Europäische Union nicht in Stein gemeißelt ist, sondern dass sie Menschen braucht, die offensiv für sie eintreten. Statt weniger Europa brauchen wir mehr Europa: Wir müssen die zwischenstaatliche Solidarität ausbauen. Maßnahmen gegen die Jugendarbeitslosigkeit und Strukturschwächen einiger Länder müssen stärker über EU-Programme finanziert werden.

Die Europäische Union stärkt demokratische Souveränität. Die politischen Herausforderungen unserer Zeit brauchen europäische Lösungen. Es gibt keine nationalen Lösungen für grenzüberschreitende Probleme. Ob Klimakrise, Steuerdumping, Migration, Digitalisierung, Mobilität oder Sicherheit – für ganz unterschiedliche Herausforderungen gilt: Allein kann das kein Staat mehr bewältigen. Aber gemeinsam kann uns das gelingen.

Bei aller Kritik an politischen Entscheidungen und Defiziten in der Europäischen Union: Wir werden unsere Energie nutzen, sie ökologischer, demokratischer und sozialer zu machen. Wir GRÜNEN treten als die pro-europäische Kraft zur Europawahl an. Wir verteidigen die EU gegen Angriffe der Le Pens, Weigels, Salvinis, Kaczyńskisund Orbáns. Es liegt an uns, ob die Kräfte für ein geeintes Europa gewinnen oder die europäische Gesellschaft durch Nationalismus und rechte, autoritäre Politik zerfällt. Wir setzen auf Mut und auf die Kraft der Ideen.

Das Beispiel des Schengenraums zeigt, wie aus der Idee eines Europas ohne Schlagbäume erst Realität und dann innerhalb weniger Jahre eine Selbstverständlichkeit werden kann. Gerade als Grenzland wissen wir in Niedersachsen, wie viele Vorteile das bringt. Wir treten an, um unsere Ideen für Europa zu realisieren: ein ökologisches Europa, ein solidarisches Europa, ein freies Europa.

Niedersachsen: Europa im Herzen – im Herzen Europas

Niedersachsen liegt im Herzen Europas und ist vielen Menschen in Niedersachsen ein Herzensanliegen. Viele tausend Menschen gehen zum Beispiel im Rahmen von ‚Pulse of Europe‘ auf die Straße und setzen so deutliche Zeichen für ein geeintes und starkes Europa.

Wir profitieren in Niedersachsen besonders dort, wo die Europäische Union stark ist: wirtschaftlich, bei ökologischen Standards, beim Wasserschutz, aber auch durch viele Freiheiten im Alltag oder ganz persönlich für mehrere Tausende junge Menschen, die jedes Jahr an Erasmus+ teilnehmen, dem EU-Programm für allgemeine und berufliche Bildung, Jugend, Sport. Das Land Niedersachsen erhält im Zeitraum 2014 bis 2020 fast eine Milliarde Euro aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung und dem Europäischen Sozialfonds. Dazu kommt etwa eine Milliarde aus dem Landwirtschaftsfonds.

Für viele Themen, die für die Zukunft Niedersachsens wichtig sind, werden mit der Europawahl entscheidende Weichen gestellt.

Nur gemeinsam überwinden wir die Klimakrise

Die Klimakrise ist eine der größten politischen Herausforderungen. Um sie zu stoppen, muss die EU wieder Vorreiterin im Klimaschutz werden. Die nächsten zehn Jahre sind entscheidend dafür, ob die Folgen der Überhitzung unkontrollierbar werden oder ob wir das Ruder herumreißen.

Als Küsten- und Agrarland ist Niedersachsen durch die wachsende Zahl von Extremwetterereignissen und den steigenden Meeresspiegel von den Auswirkungen der Klimaveränderungen betroffen. Extreme Niederschläge, Stürme und Dürren führen zu immensen Schäden und gefährden die Ernten. Dies gilt bei uns, aber noch deutlich stärker für viele andere Regionen der Welt, in denen der Lebensraum vieler Menschen bereits heute in Gefahr ist.

Als Windenergieland Nummer eins profitieren wir in Niedersachsen von einem europaweiten Ausstieg aus Kohle, Gas und Atom und von einem deutlich schnelleren Ausbau der erneuerbaren Energien und Speicher.

Die europäische Zivilgesellschaft und besonders die weltweite „fridays for future“-Bewegung sorgen für Druck und neuen Schwung. Die EU muss ihrer Verantwortung gerecht werden, mit einer ambitionierten Klimapolitik die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen und die Erhitzung auf unter 1,5 Grad zu begrenzen. Dafür müssen die verbindlichen Ziele verschärft werden: Mindestens 55 Prozent weniger CO2-Emissionen bis 2030, 100 Prozent erneuerbare Energien bis 2050! Dafür brauchen wir einen Kohleausstieg bis 2030. Wir wollen einen
wirksamen CO2-Preis auch im Verkehrs- und Wärmebereich. Die Einnahmen wollen wir mit einem Energiegeld an die Europäer*innen zurückgeben.

Deutschland hat die Europäische Union in den letzten Jahren beim Klimaschutz gebremst. Nur mit starken GRÜNEN wird die EU wieder zur Vorreiterin.

Erhalten, was uns erhält: Unsere natürlichen Lebensgrundlagen schützen

Die gemeinsamen Natur- und Umweltschutzstandards in der EU sind ein wichtiger Hebel für die Bewahrung unserer Lebensgrundlagen: für sauberes Wasser, gesunden Boden, gute Luft und für Artenvielfalt. Sie sind zwar deutlich besser als nationale Regelungen, reichen aber vielfach noch nicht aus. Wir wollen, dass die EU hier noch deutlich klarere Standards setzt und konsequenter dafür sorgt, dass die Schutzziele in den Mitgliedsstaaten auch umgesetzt und nicht aufgeweicht werden. Das hat Niedersachsen dringend nötig: Das Land ist Schlusslicht bei der Ausweisung von Naturschutzgebieten und weit entfernt davon, dass Flüsse und Seen den vorgeschriebenen guten Zustand erreichen. In mehr als der Hälfte der niedersächsischen Grundwasserkörper wird der Nitratwert überschritten. Die Landes- und Bundesregierung dürfen die Umsetzung gemeinsamer Umwelt- und Naturschutzstandards nicht weiter verschleppen. Für die Zeit nach 2020 brauchen wir eine umfassende europäische Strategie zum Erhalt der biologischen Vielfalt; die Natura-2000-Gebiete wollen wir verteidigen, verbessern und vergrößern. Für Umwelt- und Tierschutzverbände wollen wir durch EU-Recht ein volles Verbandsklagerecht schaffen.

Um unsere Lebensgrundlagen, Artenvielfalt und eine zukunftsfeste bäuerliche Landwirtschaft in Niedersachsen zu erhalten, brauchen wir ein nachdrückliches Umsteuern in der EU-Agrarpolitik und besonders in der Verteilung der Fördermittel. Wir wollen bis 2028 die pauschalen Flächenprämien abschaffen und die Förderung vollständig für ökologische und soziale Leistungen aufwenden: Für eine vielfältige und artenreiche Agrarlandschaft, gerechte Einkommen für Bäuerinnen und Bauern, weniger Dünger, Pestizide und Antibiotika, für artgerechte Tierhaltung und starke ländliche Räume (siehe auch Antrag: Für eine europäische Agrarwende).

Ohne gesunde Weltmeere können wir nicht überleben. Als Küstenland sind wir in Niedersachsen besonders auf eine nachhaltige europäische Meerespolitik und den Schutz des Wattenmeers als einzigartigen Lebensraum angewiesen. Unser Ziel ist ein Europa ohne Plastikmüll, mit sauberen Meeren und einem reichhaltigen Fischbestand. Wir wollen Mikroplastik in Kosmetika, Körper- und Pflegeprodukten verbieten und eine europäische Plastiksteuer auf Wegwerfprodukte einführen. Nur gemeinsam können wir dafür sorgen, dass EU-weit ab 2030 kein Plastik mehr in die Umwelt gelangt, das nicht biologisch abbaubar ist (siehe auch Antrag: Für eine nachhaltige europäische Meerespolitik).

Nur ein soziales Europa ist ein starkes Europa: Umsteuern für mehr Gerechtigkeit

Wir wollen ein Europa der Gerechtigkeit, der sozialen Sicherheit und des Zusammenhalts. Noch immer klaffen die Lebensverhältnisse zwischen den Mitgliedsstaaten auseinander, die soziale Spaltung wächst europaweit. Jahrzehntelang standen vor allem wirtschaftliche Freiheiten im Zentrum der Gemeinschaftspolitik. Auch angesichts der Globalisierung ist es höchste Zeit für eine Sozialunion. Dazu gehören verbindliche Mindestlöhne und ein europäischer Rahmen für eine Grundsicherung in allen Mitgliedsstaaten.

Darüber hinaus fordern wir kurzfristig eine Arbeitslosen-Rückversicherung und langfristig eine Basis-Arbeitslosenversicherung.

In einigen europäischen Ländern nimmt die Jugendarbeitslosigkeit einer ganzen Generation Perspektiven für die Zukunft. Es braucht eine Offensive für die Zukunft der Jugend Europas.

In Niedersachsen arbeiten viele Menschen aus anderen europäischen Ländern zum Beispiel in Schlachthöfen oder in der Pflege. Wir brauchen mehr staatliche Kontrollen und wirksame Sanktionen, um eine angemessene Bezahlung und eine menschenwürdige Unterbringung zu gewährleisten. Die Anerkennung von Bildungs- und Berufsabschlüssen aus anderen Ländern der EU und Drittstaaten muss ebenso wie die Übertragung von Rentenansprüchen reibungslos funktionieren.

Europa lebt vom grenzüberschreitenden Austausch von Ideen und Kulturen und vom gegenseitigen Verständnis. Junge Menschen sollen Europa unabhängig vom Geldbeutel ihrer Eltern in ihrer Schul-, Studien- oder Ausbildungszeit an einer Form des europäischen Austauschs teilnehmen können.

Zu einem gerechten Europa gehört auch ein gerechtes Steuer- und Finanzsystem. Wir brauchen mehr Transparenz und wir wollen Steuerschlupflöcher schließen. Auch durch GRÜNEN Druck gibt es erste Erfolge bei der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit von Steuerbehörden und gegen Steueroasen. Statt Steuerdumping brauchen wir einen fairen europäischen Wettbewerb, von dem auch niedersächsische Unternehmen profitieren können. Wir brauchen eine gemeinsame Bemessungsrundlage für die Besteuerung von Unternehmen und in einem zweiten Schritt eine europäische Unternehmenssteuer.

Mit einer europaweiten Digitalsteuer sorgen wir dafür, dass auch Konzerne wie Amazon, Facebook oder Google Steuern auf ihre in Europa erwirtschafteten Gewinne zahlen und sich an der Finanzierung des Gemeinwohls beteiligen – gleiches gilt für den Finanzsektor über eine europaweite Finanztransaktionssteuer.

Es ist klar, dass Deutschland enorm von der Einführung der europäischen Gemeinschaftswährung profitiert hat. Das Versprechen, dass der Euro zu mehr Wohlstand führt, hat sich bislang allerdings nicht für alle Menschen in Europa bewahrheitet. Der einseitige und harte Sparkurs der Troika während der Finanzkrise hat die Lebensbedingungen in den betroffenen EU-Staaten deutlich verschlechtert und Vertrauen in die EU gekostet. Zu einer prosperierenden EU gehört für uns daher ein Politikwechsel für Investitionen und Gerechtigkeit sowie die Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion (WWU). Die WWU muss weiterentwickelt werden, damit neue Krisen verhindert werden. Dazu braucht es auch eine stärkere Abstimmung der nationalen Haushalts- und Wirtschaftspolitiken der Euro-Staaten. Zudem muss massiv in Europäische Gemeingüter wie Klimaschutz, erneuerbare Energien, Finanzstabilität, soziale Absicherung, Forschung zu Zukunftstechnologien und alternative Verkehrskonzepte investiert werden. Dafür setzen wir uns für einen Haushalt für den Euro ein, der investiert und
stabilisiert.

Europäische Mobilitätswende: So profitieren wir in Niedersachsen doppelt

Niedersachsen ist ein wichtiger Mobilitätsstandort und zugleich deutschlandweit Schlusslicht bei umweltgerechter Mobilität. Europaweit stehen wir vor der Herausforderung, dass Metropolen im motorisierten Individualverkehr ersticken und gleichzeitig oft ländliche Räume abgehängt werden. Es gibt aber auch positive Entwicklungen: Viele europäische Kommunen haben sich auf den Weg gemacht und sind bei der Verkehrswende schon deutlich weiter: Kopenhagen, Paris oder Madrid haben den Autoverkehr deutlich reduziert. Auch an unsere/n niederländischen Nachbar*innen können wir uns ein Beispiel nehmen. Von einer europäischen Mobilitätswende können wir also doppelt profitieren: Wir brauchen mehr Investitionen in Schienen- und Busverkehr, in Fuß- und Radverkehr und vernetzte Mobilität – und weniger (dafür saubere und leisere) Auto- und Flügeugverkehr, um Klima und Umwelt zu schützen. Mit den richtigen Rahmenbedingungen schaffen wir den Technologiewandel und sichern Wertschöpfung und zukunftsfeste Arbeitsplätze.

Europa soll zum Weltmarktführer für nachhaltige Mobilität werden. Auch wenn dieaktuellen CO2-Grenzwerte auf europäischer Ebene für die Klimaziele nicht ausreichen, gehen sie immerhin über das hinaus, was Bundesregierung und Hersteller wollten und tragen zu Innovationen bei. Trotzdem verläuft der Technologiewandel viel zu langsam. Wir wollen weg vom fossilen Verbrennungsmotor und ab 2030 nur noch abgasfreie Neuwagen zulassen. Hier liegt die Zukunft der niedersächsischen Automobilindustrie! Wir wollen die Batteriezellenproduktion, die Ladeinfrastruktur und die Produktion von Wasserstoffautos sowie die Verknüpfung verschiedener Verkehrsmittel europäisch unterstützen.

Das europäische Eisenbahnnetz ist noch immer ein Flickenteppich mit zahlreichen Lücken an den nationalen Grenzen. Damit mehr Menschen auf Autofahrten und Flüge verzichten, muss der Bahnverkehr auch grenzüberschreitend besser verbunden, schneller und zuverlässiger werden.

Stärken, was uns ausmacht: Freiheit und Frieden, Demokratie und Menschenrechte

Die EU ist auch als Antwort auf zwei Weltkriege und auf der Grundlage der Menschenrechte gegründet. Wir setzen uns für diese Werte und die Errungenschaften einer offenen Gesellschaft ein. Wir schützen sie gegen Angriffe und Versuche, die Grundlagen unserer Gesellschaften zu zerstören. In mehreren Mitgliedsstaaten steht der demokratische Rechtsstaat unter Druck: So werden unter anderem in Polen, Ungarn, Rumänien, aber auch in Österreich Demokratie und Pressefreiheit von den Regierungen oder Regierungsparteien angegriffen.

Wir wollen Rechtsstaatlichkeit und Demokratie stärken und die Handlungsmöglichkeiten der EU steigern, damit sie unsere gemeinsamen Grundwerte besser verteidigen kann. Regierungen, die Rechtsstaatsprinzipien fundamental verletzen, sollen die Verfügung über EU-Gelder entzogen werden. Stattdessen soll die Kommission die Mittel direkt an Kommunen und andere Fördermittelempfänger*innen auszahlen.

Wir wollen die europäischen Entscheidungsprozesse noch demokratischer und transparenter machen. Das Europäische Parlament ist das Herz der Europäischen Demokratie, es muss in allen Bereichen gleichberechtigt mit dem Rat entscheiden können. Um den Druck wirtschaftlich starker Lobbygruppen transparent zu machen, bestehen wir auf einem verbindlichen Lobbyregister für alle Institutionen.

Und wir wollen, dass EU-Bürger*innen die in der Europäischen Charta der Menschenrechte festgeschriebenen Grundrechte auch in ihren Nationalstaaten einklagen können. Die EU hat in Bezug auf die Grundrechte schon einiges erreicht und zum Beispiel das Recht auf Nichtdiskriminierung eingeführt. Wir lassen nicht zu, dass bisherige Errungenschaften infrage gestellt werden.

Als emanzipatorische Partei kämpfen wir für die Selbstbestimmung aller Menschen in einer inklusiven Gesellschaft. Für Menschen mit Behinderungen ist Gleichstellung noch lange nicht erreicht. Die europäische Antidiskriminierungsrichtlinie muss in Deutschland und in Niedersachsen endlich komplett umgesetzt werden. Wir stehen an der Seite derer, die in Europa für Frauenrechte und Gleichstellung eintreten und machen uns dafür stark, dass die Istanbul-Konvention zum Schutz vor Gewalt in allen Mitgliedsstaaten eingehalten wird. Dafür müssen in Niedersachsen endlich genug Plätze in Frauenhäusern geschaffen werden. Für echte Lohngleichheit brauchen wir auch europaweite Kriterien für die Vergleichbarkeit von Tätigkeiten und Lohntransparenz: damit Frauen für gleiche und gleichwertige Arbeit genauso bezahlt werden wie Männer.

Für ein Europa der globalen Verantwortung: menschlich und solidarisch
Die EU muss auf der Grundlage ihrer Werte endlich eine gemeinsame Außenpolitik mit einer Stimme machen. Wir stehen dafür, dass sich Europa seiner Verantwortung für Hunger und Armut auf der Welt stellt. Wir wollen die Entwicklungsfinanzierung erhöhen und mehr Geld für internationalen Klimaschutz ausgeben. Wir wollen dafür sorgen, dass europäische Handels- und Agrarpolitik nicht weiter zu globaler Ungerechtigkeit beiträgt. Handelsabkommen müssen sich an hohen ökologischen und sozialen Standards ausrichten. Private Schiedsgerichte lehnen wir ab. Wir stehen für Zusammenarbeit statt Aufrüstung. Rüstungsexporte an Diktaturen und in Krisengebiete auch aus Niedersachsen müssen gestoppt werden.

Es ist unsere gemeinsame europäische Verantwortung, Menschen in Not zu schützen und vor dem Ertrinken im Mittelmeer zu retten: Dafür brauchen wir ein europäisches ziviles Seenotrettungsprogramm. Wir wollen verhindern, dass gerettete Menschen wochenlang auf dem Wasser festgehalten werden. In Niedersachsen haben viele Kommunen sich dank zivilgesellschaftlichen Engagements bereit erklärt, zusätzlich Geflüchtete aus Seenotrettung aufzunehmen. Dieses Einstehen für europäische Werte muss endlich auch die Landesregierung durch ein neues Landesaufnahmeprogramm unterstützen, statt einen populistischen Wettbewerb der Hardliner weiterzutreiben.

Anstelle eines Bollwerks nach außen muss Europa ein einheitlicher Schutzraum mit legalen und sicheren Zugangsmöglichkeiten werden. EU-weit müssen faire Asylverfahren und eine menschenwürdige Unterbringung garantiert werden. Statt des bisherigen Dublin-Systems fordern wir ein faires Verteilungssystem für Schutzsuchende und das Recht auf Familiennachzug. Außerdem fordern wir einen Europäischen Integrationsfonds zur Unterstützung der Kommunen.

Für europäischen Datenschutz und ein freies Netz

Wir wollen die Hoheit über unsere privatesten Daten zurückgewinnen. Dafür müssen digitale Monopole, wie das von Facebook, aufgespalten werden. Auch das Urheberrecht können wir nur auf europäischer Ebene verbessern.Ein modernes Urheberrecht muss einerseits dafür sorgen, dass Urheberinnen und Urheber für ihre geleistete Arbeit angemessen bezahlt werden und andererseits klare Regeln für marktbeherrschende Konzerne aufstellen. Dafür wollen wir die Rechte von Urheberinnen und Urhebern gegenüber den Verwertungsgesellschaften wie der Gema stärken: große Plattformen sollen Lizenzen erwerben und bezahlen. Uploadfilter lehnen wir ab.

Für starke Kommunen und Regionen in der EU

Gleichzeitig zu den Europawahlen finden in Niedersachsen auch in einigen Städten, Gemeinden und Landkreisen kommunale Wahlen statt. Wir wollen, dass so viele Entscheidungen wie möglich auf kommunaler Ebene, möglichst nah an den Bürger*innen, getroffen werden. Aber dort, wo Kommunen an ihre Grenzen stoßen, soll Europa sie unterstützen. Dazu gehört auch, den Kommunen einen einfachen, direkten Zugang zu EU-Fördermitteln zu geben und sie bei der Integration zu unterstützen. Die Förderungen müssen dabei in die lokalen Gesamtstrategien zur kommunalen Entwicklung eingebunden werden. Der europäische Binnenmarkt ist eine wichtige Errungenschaft, aber die Umsetzung seiner Wettbewerbsregeln darf nicht dazu führen, dass Kommunen zum Beispiel zur Privatisierung der öffentlichen Güter wie der Wasserversorgung gezwungen werden. Zur Entlastung der angespannten Wohnsituation in unseren Städten wollen wir GRÜNEN restriktive EU-Regeln zur Förderung von bezahlbarem Wohnraum aufheben. Und bei der Vergabe von ÖPNV-Leistungen darf die Auftragsvergabe an kommunale Unternehmen nicht weiter durch EU-Wettbewerbsregeln erschwert werden. Wir wollen damit die Selbstbestimmung der Regionen und Kommunen über ihre lokale Infrastruktur stärken.

Die Menschen in unseren Städten sind durch Autoverkehr, Lärm und Schadstoffe besonders betroffen. Die EU setzt hier wichtige Regeln. Wir wollen belastete Anwohner*innen von lauten Straßen durch strengere Lärmgrenzwerte und verbindlich umzusetzende Lärmaktionspläne entlasten. Bei den Luftschadstoffen unterstützen wir GRÜNEN die stetige Optimierung der EU-Grenzwerte auf wissenschaftlicher Basis zur Verbesserung der Luftqualität in unseren Städten. Die nationale Durchsetzung der Grenzwerte muss dabei von der EU-Kommission verstärkt überprüft werden. Um die Belastungen aus dem motorisierten Individualverkehr zu reduzieren, wollen wir auf europäischer Ebene einen Förderwettbewerb für Städte und Regionen starten, die gezielt den öffentlichen Nah-, Rad- und Fußverkehr ausbauen

Ja zur Europäischen Union, Ja zu Veränderungen

Wir wollen die Europäische Union verändern: Für mehr Klimaschutz, Umwelt- und Naturschutz, für soziale Gerechtigkeit, Demokratie und Menschenrechte. Wir laden alle ein, mit uns für eine pro-europäische, progressive Mehrheit im Europaparlament zu kämpfen. Aus Niedersachsen, für ein starkes, geeintes Europa!

Beschluss der Landesdelegiertenkonferenz von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Niedersachsen am 04./05.Mai 2019 in Osterholz-Scharmbeck