Solidarität und Zusammenhalt

Eckpfeiler grüner Sozialpolitik sind Nachhaltigkeit, Teilhabe- und Geschlechtergerechtigkeit

Wir wollen eine Sozialpolitik, deren zentraler Begriff Teilhabe ist und die sich nicht damit begnügt, finanzielle oder soziale Notsituationen abzufedern, sondern das Ziel hat, diese zu beenden. Eckpfeiler grüner Sozialpolitik sind Nachhaltigkeit, Teilhabe- und Geschlechtergerechtigkeit. Wir GRÜNEN stellen uns gegen die zunehmende Spaltung der Gesellschaft und die soziale Ausgrenzung durch Armut. Als wichtigen ersten Schritt haben wir in Regierungsverantwortung dafür gesorgt, dass auf Landesebene der „Armutsbericht“ zu einem umfassenden „Sozialbericht“ weiterentwickelt wurde. Transparent und nachvollziehbar vermittelt er einen Überblick über bereits eingeleitete Maßnahmen und zeigt, wo es noch Handlungsbedarf gibt.

Kinderarmut stoppen

In keiner anderen Industrienation ist der Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Ausbildungsabschluss so eindeutig und damit die soziale Durchlässigkeit so gering wie in Deutschland. Gleichzeitig ist Kinderreichtum hier das Armutsrisiko Nummer eins. Jedes sechste Kind in Niedersachsen lebt in Armut. Das wollen wir nicht hinnehmen. Eine so wohlhabende Gesellschaft wie die der Bundesrepublik Deutschland muss dafür sorgen, dass alle Kinder die gleichen Chancen erhalten. In Niedersachsen setzen wir GRÜNEN uns dafür ein, Familien zu unterstützen und das Bildungssystem so zu gestalten, dass Chancengerechtigkeit und individuelle Förderung oberste Priorität haben – damit allen Kindern gleichermaßen ein guter Start ins Leben gelingen kann. Der Zugang zu Familienleistungen muss niedrigschwellig und unkompliziert gestaltet sein. Das ist beispielsweise beim Bildungs- und Teilhabepaket des Bundes nicht gewährleistet. Wir wollen deswegen in Zusammenarbeit mit den Kommunen unbürokratische Unterstützungssysteme nach dem Vorbild des „Lübecker Bildungsfonds“ entwickeln und fördern. Dieser Bildungsfonds, gespeist aus Mitteln des Landes, der Kommunen, örtlichen Stiftungen und aus Mitteln des Bildungs- und Teilhabepakets, hilft unkompliziert bei der Finanzierung von Mittagessen, Arbeitsmaterialien, Sprachförderung, Musik- und Sportangeboten und Klassenausflügen – auch dort, wo das Bildungs- und Teilhabepaket nicht greift.

Neben materiellen Hilfen ist eine flächendeckende und leicht zugängliche Infrastruktur nötig. Dazu wollen wir mehr Geld in soziale Einrichtungen für Kinder und Jugendliche investieren, konfessionsungebundene Jugendzentren durch Landesmittel insbesondere in ländlichen Regionen stärker fördern und schulische Ganztagsangebote ausweiten. Der Zugang für alle Kinder zu jeweils altersgemäßen Bildungs- und Sporteinrichtungen, einschließlich der künstlerischen und musischen Bildung, ist entscheidend. Dies schließt auch den öffentlichen Nahverkehr zu diesen Einrichtungen ein. Allen Kindern gleiche Teilhabechancen zu gewähren, ist eine Aufgabe der ganzen Gesellschaft und darf nicht abhängig sein vom Einkommen und der Lebenssituation der Eltern. Das derzeitige Grundsicherungssystem ist gewissermaßen „blind“ für die individuelle Bedarfssituation von Kindern und Jugendlichen. Wir wollen deswegen eine einheitliche und vor allem existenzsichernde Kindergrundsicherung einführen sowie allen Kindern und Jugendlichen den umfassenden Zugang zu Bildungs- und Teilhabeinstitutionen ermöglichen. Als Grundlage dafür wollen wir GRÜNEN auf Landes- und Bundesebene eine neu zu schaffende „Sozialberichterstattung für Kinder“ einrichten.

Bedarfsdeckende Grundsicherung ohne Wenn und Aber

Wir setzen uns auf Bundesebene für eine bedarfsgerechte und armutsfeste Grundsicherung ein. Grundlage für verfassungskonforme Regelsätze können die Berechnungen des Paritätischen Wohlfahrtsverbands sein, die eine nachvollziehbare Datenbasis erstellt haben. Das gilt auch für angemessene Freigrenzen bei Einkommen und Vermögen bei der Bedarfsfeststellung. Eine teilhabeorientierte Existenzsicherung – gerade für Frauen und Kinder – setzt eine individuelle Bedarfsberechnung voraus.

Altersarmut verhindern

Die Zahl der Menschen, deren Einkommen im Alter unterhalb der Armutsgrenze liegt oder liegen wird, nimmt weiter zu. Dies betrifft in besonderem Maße Frauen, die beispielsweise aufgrund einer Alleinverdienerehe über viele Jahre keine eigenen Rentenansprüche erworben haben. Auch die Befreiung der sogenannten Minijobs von der Sozialversicherungspflicht und die Tatsache, dass viele Menschen inzwischen über Jahre im ALG-II-Bezug leben, hat erheblich zu diesem Missstand beigetragen. Wir GRÜNEN wollen daher die generelle Sozialversicherungspflicht auch für geringfügig Beschäftigte wieder einführen, ebenso einen Rentenversicherungsbeitrag für ALG-II-Empfänger*innen sowie eine steuerfinanzierte Garantierente, die deutlich oberhalb der Grundsicherungsleistungen liegt. Diese muss ohne Bedürftigkeitsprüfung für alle gewährt werden, die mindestens 30 rentenversicherungspflichtige Jahre vorweisen können. Unabhängig davon muss der Zugang zur Erwerbsunfähigkeitsrente bei gesundheitlich bedingter Erwerbsunfähigkeit sichergestellt bleiben. Hierfür werden wir über den Bundesrat Druck machen.

Bezahlbaren Wohnraum erhalten

Während einige Regionen in Niedersachsen gegen Wohnungsleerstand und Abwanderung kämpfen, wird Wohnraum in wirtschaftsstarken Regionen und vor allem in den Städten immer knapper und teurer. Vor allem bei der Wiedervermietung werden die Mietpreise oft drastisch angehoben. Wir GRÜNEN wollen, dass auch Menschen mit geringem Einkommen bezahlbaren Wohnraum finden und nicht an den Rand gedrängt werden. Neben der Förderung des sozialen Wohnungsbaus ist in Niedersachsen die unter Rot-Grün beschlossene Mietpreisbremse seit Ende 2016 in Kraft. Damit wollen wir nicht nur bezahlbaren Wohnraum auch in den Städten erhalten, sondern zugleich übermäßige Mieterhöhungen verhindern. Innerhalb von drei Jahren dürfen deshalb die Mieten nun um nicht mehr als 15 Prozent steigen. Bei einer Neuvermietung darf die neue Miete außerdem nicht mehr als zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Leider sind sanierte Wohnungen jedoch von der Mietpreisbremse ausgenommen. Auch wenn wir gerade die energetische und nach ökologischen Standards ausgerichtete Sanierung begrüßen, darf dies nicht zur Verdrängung ehemaliger Mieter*innen missbraucht werden. Oft ist ein angespannter Wohnungsmarkt aber auch gekennzeichnet durch ein Machtgefälle zwischen Vermieter*innen und Interessent*innen. Dies drückt sich dadurch aus, dass Wohnungen diskriminierend vergeben werden oder illegalerweise die Auskunft über Einkommens- und Familienverhältnisse und ähnliches verlangt wird. Hier fordern wir ein Gegensteuern beispielsweise durch eine kostenlose Rechtsberatung für Mieter*innen und eine konsequente Strafverfolgung. Auch künftig wollen wir GRÜNEN uns dafür einsetzen, bezahlbaren Wohnraum zu erhalten und Mieter*innenrechte zu stärken.

Wohnungslosigkeit bekämpfen und verhindern

In einer eigenen Wohnung zu leben, ist ein elementares Grundbedürfnis aller Menschen. Wohnungslosigkeit stellt eine der härtesten Konsequenzen von materieller Armut dar. Die Zahl wohnungsloser Menschen steigt seit Jahren deutlich an und dennoch fehlt es an einer bundeseinheitlichen Strategie zur Prävention und Bekämpfung. Nach wie vor hält die Bundesregierung die Erstellung einer bundesweiten Statistik dazu für verzichtbar. Wir GRÜNEN wollen daher eine landesweite Wohnungsnotfallstatistik und -berichterstattung einführen und in Zusammenarbeit mit den öffentlichen Trägern Wohnungsnotfallhilfekonferenzen aufbauen. Zu den Themen Vermeidung von Wohnungslosigkeit, Wohnungsbeschaffung und wohnbegleitende Hilfen werden wir ein Landesprogramm mit dem Ziel auflegen, einen handlungsorientierten Aktionsplan zu erstellen, an dem sich das Land finanziell beteiligt. Zwangsräumungen sind ein unterschätztes Problem in den Städten. Wir stehen für den Schutz der Rechte von Mieter*innen und wollen diese stärken. Es darf nicht dazu kommen, dass Betroffene wohnungslos werden (siehe 9.6, Bauen und Wohnen).