Pandemie verschärft Situation der Seeleute

GRÜNE aus Niedersachsen und Bremen fordern Verbesserungen für Seeleute in Pandemiezeiten und Impfangebot in allen europäischen Häfen / Bremer Initiative soll Schule machen

Um die Arbeitssituation und den Gesundheitsschutz für Seeleute in Pandemiezeiten zu verbessern, fordern die bremischen und die niedersächsischen GRÜNEN ein stärkeres Eingreifen der europäischen Staaten und das Einhalten internationaler Arbeitsnormen: „Es darf nicht sein, dass Seeleute monatelang auf ihren Schiffen festsitzen. Nicht nur die Flaggenstaaten müssen internationale Abkommen einhalten, sondern auch die Staaten der Häfen, in denen die Schiffe anlaufen. Auch sie haben eine Verantwortung für die Menschen an Bord, schließlich liegt der Gesundheitsschutz und die Schiffssicherheit auch im Interesse der Hafenstädte. Hier ist vor allem die Bundesregierung gefordert“, sagt Stefan Wenzel, Landtagsabgeordneter und Grüner Bundestagskandidat.
Die geringe Impfquote unter Seeleuten sei ein weiteres Problem. GRÜNEN-Landesvorsitzender Hanso Janßen fordert deshalb: „Deutschland und Europa brauchen eine Impfstrategie für Seeleute mit niedrigschwelligen Impfangeboten in jedem Hafen. Hier sind Impfstoffe im Gegensatz zu vielen anderen Teilen der Welt vorhanden und schon deshalb sind hier Deutschland und Europa besonders in der Pflicht.“
Maurice Müller, Grüner Vorsitzender des Hafenausschusses Bremische Bürgerschaft, ergänzt: „Corona hat die sozialen Schieflagen bei der Arbeit auf See weiter verstärkt. Es fehlt an einer Lobby der Seeleute und an verbindlichen weltweiten Regeln, die alle Reedereien in die Pflicht nimmt Seeleute mit Impfschutz zu versehen, bevor die Seeleute ihren Dienst auf See antreten.“

Hintergrund:
Dass die Pandemie die Situation der Seeleute so drastisch verschärft hat, hat der Runde Tisch zum Thema „Pandemie auf See“ gezeigt, zu dem die Bremer und niedersächsischen Grünen mit ihrer Landesarbeitsgemeinschaft Häfen–Schifffahrt–Küstenschutz Anfang der Woche nach Nordenham auch externe Expert*innen eingeladen hatten: „Von rund einer Million Seeleuten, die derzeit auf Seeschiffen weltweit unterwegs sind, konnten rund 250.000 bisher nicht abgelöst werden. Das bedeutet, dass sie ihre Schiffe nicht verlassen können und dort festsitzen, oft bereits monatelang. Einige sind damit länger als elf Monate, teilweise bis zu 18 Monate durchgehend an Bord“, erläuterte Kapitänin Bianca Frömming die prekäre Situation vieler Seeleute. „Das sind unhaltbare Zustände, denn gerade in der engen Situation auf vielen Schiffen und wegen der völlig ungeklärten Zukunftsperspektive führt das zu nicht hinnehmbaren psychischen Belastungen.“ Das gefährde nicht nur die Gesundheit der Seeleute, sondern auch die Schiffssicherheit, so Frömming. Zudem verstießen solche Fahrtzeiten auch in Pandemiezeiten klar gegen Abkommen mit der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO).

„Noch immer haben die Heimatländer vieler Seeleute ihre Grenzen wegen der Pandemie für Ungeimpfte geschlossen. Hier müssen wir gegensteuern. Weltweit sind nur zehn Prozent der Seemannschaften auf Großschiffen bisher geimpft“, kritisierte Kapitän Winfried Schumann von der Seemannsmission Bremen (ehem.  Managing Director einer Bremer Reederei). Dies habe unmittelbaren Einfluss auf die Lebenssituation der Seeleute, da dies in vielen Staaten Landgänge und auch oftmals ihre Ablösung verhindere. „Die aktuelle Zahl der bisher in den stadtbremischen Häfen gemeinsam mit dem DRK Bremen durchgeführten und von der Bremer Seemannsmission organisierten Impfungen liegt derzeit bei über 910 Seeleuten.“, so Schumann.