Keine Umgehung der Schuldenbremse durch Öffentlich-Private Partnerschaften!

Beschluss der Landesdelegiertenkonferenz von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Niedersachsen am 18./19. Oktober 2014 in Walsrode

Bündnis 90/Die Grünen in Niedersachsen kritisieren den Vorstoß von Bundesfinanzminister
Schäuble und Bundeswirtschaftsminister Gabriel im Rahmen der Neuordnung
der Bund-Länder Finanzbeziehungen ÖPP-Projekte zur Sicherstellung von Infrastrukturinvestitionen
verstärkt nutzen zu wollen. Insbesondere bei ÖPP im Bundesfernstraßenbau
zeigen die gesammelten Erfahrungen und die eindeutigen Analysen des
Bundesrechnungshofes klar, dass das eine milliardenschwere Verschwendung von
Steuergeldern und eine Umgehung der Schuldenbremse ist. Die ÖPP-Projekte werden
immer deutlich teurer als der konventionelle öffentliche Straßenbau. Wir lehnen ÖPP
beim Neu- und Ausbau von Bundesstraßen und Autobahnen klar ab.

Ein allgemeines Problem bei der Finanzierung dieser Projekte ist, dass Investitionen im
Rahmen von ÖPP-Projekten derzeit nicht in ihrer ganzen Tragweite im Haushalt ausgewiesen
werden.Wir setzen uns daher dafür ein, bundesweit die Regeln der Haushaltsaufstellung
so zu verändern, dass ÖPP-Projekte als kreditähnliche Rechtsgeschäfte
gegen über konventionellen Kreditgeschäften nicht weiter privilegiert werden und im
Haushalt transparent dargestellt werden. Damit soll verhindert werden, dass diese
Projekte nur als Schattenhaushalte zur Verschleierung der tatsächlichen Zukunftskosten
eines Projektes eingegangen werden.

Darüber hinaus gibt es zum Teil erhebliche Risiken für die öffentliche Hand bei der
Durchführung von Projekten im Rahmen von ÖPP, weshalb wir eine grundsätzlich
kritische Haltung zu ihnen haben:

  1. Nach Vertragsabschluss eines Projektes besteht keine Möglichkeit, von der
    vereinbarten Finanzierung für die Investition zurück zu treten. Deshalb ist die
    Feststellung des tatsächlichen Bedarfs für einen langen in die Zukunft
    gerichteten Zeitraum enorm wichtig. Ein Risiko liegt auch darin, wenn die
    Gewährleistung zu kurz bemessen ist.
  2. Aufwand und Kosten für (juristische) Beratung, Verhandlungen, Gutachten und
    Personal zur Projektbegleitung sind sehr hoch. Dies ist unabdingbar, um ein
    Projekt umfassend einschätzen zu können, den Vertrag auf Augenhöhe
    auszugestalten, die vereinbarten Leistungen überprüfen und die Qualität
    sicherstellen zu können.
  3. Besonders riskant ist die Entkopplung des Schuldendienstes von der Leistungserbringung
    (Forfaitierung mit Einredeverzicht). Dabei trägt der öffentliche
    Auftraggeber das Risiko auch wenn der Private die Leistung nicht
    vertragsgemäß erbringt. Der Vorteil für den Privaten liegt in kommunalkreditähnlichen
    Konditionen bei seiner Bank.
  4. ÖPP reduziert die Einflussmöglichkeiten und die Kontrolle durch die öffentliche
    Hand.

Vor-und Nachteile, sowie die Risiken sind entsprechend der jeweiligen ÖPP-Projekte
verschieden und müssen nach strengen, vorher festgelegten, transparenten Qualitätskriterien
erfolgen.

Die Qualitätskriterien für ÖPP-Projekte, zu denen auch die Contracting-Verträge gehören,
müssen folgende Punkte beinhalten und berücksichtigen:

  •  Vorgeschaltetes transparentes Beteiligungsverfahren vor der Entscheidung durch
    die politischen Gremien.
  • Eine umfassende mittel- und langfristige Bedarfsanalyse und Finanzplanung mit
    Auswirkungen auf den kommunalen Haushalt ist unabdingbar.
  • die Kontrollfunktion durch die politischen Gremien und Verwaltung muss fortlaufend
    gewährleistet sein und vertraglich vereinbart werden.
  • Soziale und ökologische Standards, entsprechend dem Tariftreue- und Vergabegesetz(
    NTVergG)der Rot-grünen Niedersächsischen Landesregierung müssen
    eingehalten und fortlaufend dokumentiert werden.
  • die Risikoverteilung darf nicht einseitig zulasten der öffentlichen Hand ausgestaltet
    sein, daher darf es keine Entkopplung des Schuldendienstes von der Leistungserbringung
    geben.

Landesdelegiertenkonferenz von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Niedersachsen am 18./19. Oktober 2014 in Walsrode