Interview mit Toni Hofreiter

Gegen den Widerstand der rot-grünen Landesregierung und trotz Kritik des Bundesrechnungshofes hat die Merkel-Regierung den privatisierten Ausbau der A7 durchgesetzt. Was spricht aus Grüner Sicht dagegen?

Bislang ist mir keine ÖPP (öffentlich-private Partnerschaft) im Straßenbau bekannt, die sich für die öffentliche Hand lohnt. Viele bisherige Untersuchungen deuten eher darauf hin, dass solche ÖPP zu Lasten des Steuerzahlers gehen. Darüber hinaus sind sie völlig intransparent. Und eine große Gefahr ist, dass Verkehrsminister zu solch einem Projekt verleitet werden. Damit könnten sie sich ein Denkmal setzen, Nachfolgern jedoch einen schweren Klotz ans Bein binden.

Für wie realistisch hältst du große Autobahnprojekte wie den Bau der A20 oder der A39?

Auf absehbare Zeit sind sie schlichtweg nicht finanzierbar. Allerdings bin ich nicht sicher, ob das auch allen SPD-Politikern bekannt ist. Eine wichtige Weichenstellung für die künftige Infrastruktur wird der Bundesverkehrswegeplan 2015 sein. Hier müssen klare Prioritäten festgelegt werden: Erhalt vor Neubau, Ausbau vor Neubau, Schiene vor Straße, Flaschenhälse statt Prestigeprojekte. Der Bundesverkehrswegeplan wäre eine gute Chance, sich von unnötigen und unbezahlbaren Projekten wie der A39 und der A20 zu verabschieden.

Die Hinterlandanbindung der Häfen ist dringend erforderlich, um den zunehmenden Güterverkehr zu bewältigen. Welche Chancen haben Alternativen zur Y-Trasse?

Das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung gleicht in jeder Hinsicht einer Black Box. Transparenz und Öffentlichkeitsbeteiligung sind für das Ministerium Fremdwörter. Sämtliche Erhebungen für die Trassenvarianten wurden nicht veröffentlicht. Zu den einzelnen Alternativvarianten für die Y-Trasse kann ich daher nicht viel sagen. Meines Wissens liegt ausgerechnet die Wirtschaftlichkeitsuntersuchung – also eine wesentliche Grundlage für eine Abwägung der Varianten – noch nicht vor. Ich setze auf eine umfassende Beteiligung der Betroffenen und der Fachöffentlichkeit.

Wie kann der ÖPNV künftig organisiert und finanziert werden?

Über die Mittel, die den Kommunen vom Bund zur Verfügung gestellt werden (Entflechtungsmittel) entscheiden künftig allein die Länder, da die verkehrliche Zweckbindung ab 2014 wegfällt. Bis 2019 sollen diese Mittel auf Null gefahren werden. Erfreulich, dass die rot-grüne Landesregierung Niedersachsens diese Zweckbindung aufrecht erhalten will. Nun muss schleunigst nach Folgefinanzierungen für die Entflechtungsmittel gesucht werden. Außerdem müssen wir uns gemeinsam um Anschlussfinanzierungen für die Regionalisierungsmittel zur Gewährleistung des Schienenpersonennahverkehrs und für die Bundesmittel für Tram, U- und S-Bahn kümmern, die gleichzeitig auslaufen.

Dieses Interview ist in den GRÜNEN ZEITEN Juli 2013 erschienen.

Die Fragen stellte Katja Sauer.