Bilanz zu „Ein Jahr Groko in Niedersachsen“

GRÜNE stellen acht TOP-Versäumnisse vor

Seit einem Jahr regiert in Niedersachsen eine rot-schwarze Koalition. Der Koalition fehlt es an ambitionierten Zielen und sie verschleppt wichtige Zukunftsthemen. Die wirklichen Probleme werden nicht angegangen, sondern ausgesessen. Und wenn die Koalition mal handelt, tut sie das Falsche und setzt falsche Prioritäten. Wir GRÜNE finden: Die Menschen in Niedersachsen haben Besseres verdient!

Die acht TOP-Versäumnisse der SPD-CDU-Regierung in Niedersachsen:

1) Umwelt- und Klimaschutz bleiben auf der Strecke

Der zuständige Minister Olaf Lies ist vor allem damit beschäftigt, heiße Luft zu produzieren und fordert einerseits, den Klimaschutz ins Grundgesetz aufzunehmen, setzt sich andererseits aber in Niedersachen für den Bau eines neuen Kohlekraftwerks in Stade ein und bremst in der Klimakommission der Bundesregierung an der Seite der Braunkohle-Länder einen schnellen Kohleausstieg aus. Niedersächsisches Klimaschutzgesetz und Sofortmaßnahmen nach dem Dürre- und Hitzesommer: Fehlanzeige. Niedersachsen ist das einzige Bundesland ohne Klimaschutzziel (ein entsprechender Gesetzentwurf aus der GRÜNEN Regierungsbeteiligung liegt längst vor, wird aber nicht verabschiedet). Die notwendige Ausweisung von europäischen Naturschutzgebieten gelingt nicht, weil die Landesregierung die zuständigen Kommunen mit der Aufgabe alleine lässt. Von einer wirksamen Strategie gegen das Insektensterben ist weit und breit nichts zu sehen.

Beim Thema Wolf laviert der Minister hin und her. Er verspricht wolfsfreie Zonen, ohne zu sagen, wie er sie herstellen will und er sinniert öffentlich über Obergrenzen, setzt aber andererseits die bereits bestehenden Möglichkeiten zur Unterstützung von Weiderhalter*innen gar nicht vollständig um: Direkte Hilfen beim Zaunbau, schnelle Ausgleichzahlungen bei Rissen und direkte Hilfen vor Ort sind dringend erforderlich.

Grüne fordern die Landesregierung auf, sich endlich konsequent für den Klimaschutz einzusetzen, den Kohleausstieg voranzutreiben und wirksame Konzepte gegen den Artenschwund vorzulegen.

2) Schule und Bildung: Lehrermangel, sinkende Qualität, planlose Konzepte

Bei den Jüngsten hat die GroKo ihr Wahlversprechen der Kostenfreiheit für KiTas zulasten der Kommunen und der Qualität der frühkindlichen Bildung im Schnellverfahren durchgesetzt. Für qualifizierte Betreuung, für die reguläre dritte Kraft in den KiTa-Gruppen bleibt nichts übrig. Die Landesregierung bietet den wenigen jungen Lehrer*innen durch schlechte Bezahlung, hohe Arbeitsbelastung und befristete Verträge keine attraktive Perspektive in Niedersachsen. Eine Ursache der heute fehlenden Lehrkräfte ist die jahrelange Fehlplanung bei den Studienplatzkapazitäten aus Zeiten der schwarz-gelben Landesregierung. Aber auch grundlegende Fehlstellungen müssen angegangen werden, wie der gerade veröffentlichte Datenreport 2018 zeigt: Kinder, deren Eltern einen Hauptschulabschluss haben, erlangen nur selten das Abitur. In der Hochschulbildung verpasst die Landesregierung die Chancen der Digitalisierung: Vollmundig angekündigte Professuren wurden kurzerhand wieder einkassiert. Die Landesregierung begreift die Digitalisierung offenbar weiterhin als Infrastrukturprojekt, dabei liegen die Herausforderungen der digitalen Revolution vor allem im Bildungsbereich: Von der schulischen Bildung, über Berufsausbildung und Studium bis zur beruflichen Weiterbildung.

GRÜNE fordern: Bessere Arbeitsbedingungen für Lehrkräfte schaffen, frühkindliche Bildung stärken, die Ganztagsschule ausbauen und die Digitalisierung endlich mit einem Konzept auf den Weg bringen, dass die Auswirkungen die Bereiche Bildung und Arbeit einbezieht.

3) Schlusslicht bei nachhaltiger Mobilität

Niedersachsen ist Schlusslicht in Sachen nachhaltiger Mobilität. Eine Verkehrswende ist nicht in Sicht. So sind laut eines aktuellen Ländervergleichs des Forschungsinstituts Quotas die verkehrsbedingten Kohlendioxid-Emissionen gestiegen, beim Flächenverbrauch belegt Niedersachsen den letzten Platz. Die Qualität des ÖPNV wird eher schlechter: Zugausfälle im schienengebundenen Regionalverkehr, der von der Landesnahverkehrsgesellschaft beauftragt wird, häufen sich.

Bei der Luftverschmutzung in den Städten nimmt die Landesregierung die gesundheitliche Gefährdung von Menschen billigend in Kauf. Obwohl die Stickoxid-Grenzwerte aufgrund massiven Betrugs überschritten werden, tut die Landesregierung im VW-Aufsichtsrat nichts, um den Konzern endlich zu bewegen, den Schaden durch Hardwarenachrüstungen zu beheben. Stattdessen werden die Standorte der Messstationen verlagert. Sie lehnt Fahrverbote für Dieselfahrzeuge ab und lässt Dieselfahrer*innen und Kommunen mit den Problemen im Regen stehen.

GRÜNE fordern ein Mobilitätskonzept, das alle Verkehrsteilnehmer*innen berücksichtigt und Mobilität sicher und umweltschonend gestaltet. So gilt es, den ÖPNV auf dem Land und in der Stadt auszubauen und den Anteil des Radverkehrs zu erhöhen. Dazu gehören aber auch eine verbesserte Verkehrssicherheit und die Förderung von Projekten wie Car-Sharing und E-Mobilität. Ein erster Schritt wäre es, wenigstens die Qualität des derzeitigen Angebots zu sichern, und bei dem schienengebundenen Regionalverkehr nicht dem billigsten Anbieter den Streckenzuschlag zu erteilen, sondern dessen Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen.

4) Eingeschränkte Bürgerrechte

Mit seinem fehlgeleiteten Entwurf des niedersächsischen Polizeigesetzes hat Innenminister Boris Pistorius nicht nur viele Niedersachsen gegen sich aufgebracht, sondern auch in Fachkreisen, etwa von der Landesdatenschutzbeauftragten sowie von Rechtsexperten und von der Polizei selbst, gibt es massive, auch verfassungsrechtliche Bedenken. Anfang September 2018 demonstrierten tausende Menschen friedlich gegen das Gesetz, mit dem die Landesregierung durch die 74-Tage-Präventivhaft und eine Ausweitung der Überwachungsmethoden (Stichwort „Staatstrojaner“) Freiheitsrechte massiv einschränken will. Der Versuch, das Gesetz noch 2018 durchzudrücken, ist gescheitert, trotzdem ist bei der GroKo kein Wille zu erkennen, die notwendigen Verbesserungen am Entwurf umzusetzen.

GRÜNE fordern: Der Gesetzentwurf gehört komplett überarbeitet, die Bedenken müssen ernstgenommen werden. Freiheitsrechte dürfen nicht für eine vermeintliche Sicherheit geopfert werden, Menschenrechte müssen gewahrt bleiben.

5) Fehlender bezahlbarer Wohnraum

Wohnen wird immer mehr zum Luxusgut: Mehr als 40 Prozent des Monatseinkommens wenden die Niedersachsen im Schnitt für ihre Wohnkosten auf. Vor allem in Hannover, Braunschweig und Oldenburg, aber auch auf den ostfriesischen Inseln gibt es kaum noch bezahlbaren Wohnraum, die Zahl an Sozialwohnungen sinkt. Da hilft auch das von Bauminister Olaf Lies aufgelegte Wohnraumförderungsgesetz nicht weiter. Bis 2035 werden rund 300.000 Wohnungen in Niedersachsen fehlen.

GRÜNE fordern: Was es braucht ist mehr Wohnraum zu fairen Preisen. Deshalb muss das Land über die landeseigene Niedersächsische Landgesellschaft aktiv werden und selbst bezahlbaren Wohnraum schaffen.

6) Rückwärtsgewandte Landwirtschaft missachtet Umweltschutz und Tierwohl

Statt die Landwirtschaft weiter ökologisch und ökonomisch nachhaltig aufzustellen, das Grundwasser zu schützen, für mehr Tierwohl zu sorgen und Insekten vor Pestiziden zu bewahren, streicht das Land die Grünlandprämie für die Milchbauern, macht sich für eine Verlängerung der betäubungslosen Ferkelkastration stark und verwässert den bereits 2011 von CDU-Landwirtschaftsminister Lindemann aufgelegten Tierschutzplan zu einer belanglosen Nutztierhaltungsstrategie. Die Umsetzung der Düngeverordnung erfolgt bestenfalls halbherzig und in der Aufsichtsbehörde Landwirtschaftskammer hat die Ministerin nichts zu sagen. Staatliche Kontrollen versagen, wie in besonders eklatanter Weise bei den Schlachthöfen. Aber auch die Verunreinigung von Geflügelfleisch mit dem giftigen PCB ist viel zu spät veröffentlicht worden. Die von Rot-Grün eingeleitete Agrarwende wird zulasten der bäuerlichen Betriebe, der Tiere und der Umwelt massiv ausgebremst.

GRÜNE fordern eine Landwirtschaftspolitik, die konsequent auf die Produktion guter Lebensmittel setzt, im Einklang mit der Natur und dem Tierschutz steht und den Landwirt*innen ein vernünftiges Einkommen sichert. Dafür müssen die Agrarsubventionen deutlich stärker auf Umwelt- und Tierhaltungsleistungen ausgerichtet werden und der Verbraucher muss Qualität erkennen können. Auf Billigware für den internationalen Markt zu setzen, treibt die bäuerlichen Betriebe in einen für sie selbst und die Umwelt ruinösen internationalen Wettbewerb.

7) Geld für Bankenrettung statt für Bildung und Wohnen

Durch konsequentes Ignorieren und Kleinreden von seit Monaten bekannten Problemen bei der Nord/LB wird die Landesregierung rund drei Milliarden Euro in die Bankenrettung stecken müssen. Das wird angesichts des Neuverschuldungsverbots, der Schuldenbremse und der wachsenden Risiken bei den Steuereinnahmen unweigerlich zu Einsparungen im Bildungs- und Sozialbereich führen. Statt der notwendigen Bildungsinvestitionen werden Kapitalmärkte mit Steuergeld gefüttert.

GRÜNE fordern, keine weiteren Landesgelder für die Bankenrettung einzusetzen und die öffentlichen Sparkassen vor dem Zugriff privater Investoren zu schützen.

8) Untätigkeit bei der Integration von Geflüchteten

Von dem Paradigmenwechsel unter Rot-Grün zu einer humanitären Flüchtlingspolitik in Niedersachsen ist bei SPD und CDU nicht mehr viel übrig. Es gibt kein Integrationskonzept. Darüber hinaus werden auch aus Niedersachsen Menschen abgeschoben, die hier bestens integriert sind und in Ausbildung und Arbeit stehen. Den Geflüchteten wird es an allen Ecken schwer gemacht, voranzukommen: Es fehlt ein umfassender Zugang zu Sprachkursen, die auch über das B1-Niveau hinausgehen müssen und die Fortführung der Landessprachkurse ist nicht gesichert. Humanitärer Schutz für Menschen aus Syrien und dem Irak etwa durch ein Landesaufnahmeprogramm ist nicht in Sicht, ebensowenig wie ein Hilfsfonds oder überhaupt eine politische Lösung für die Flüchtlingspat*innen, die über eine Verpflichtungserklärung geholfen hatten, Bürgerkriegsflüchtlingen eine legale Einreise und Schutz in Deutschland zu ermöglichen.

Es kann nicht sein, dass die Landesregierung die Hände in den Schoß legt und sich allein auf die vielen aktiven ehrenamtlichen Unterstützer*innen, die Kirchen und Wohlfahrtsverbände sowie auf engagierte Unternehmen verlässt – die zusammen derzeit einen Großteil der Integrationsleistungen übernehmen.

GRÜNE fordern die Landesregierung auf, zu einer humanitären Flüchtlingspolitik zurückzukehren, flächendeckend Sprachkurse auch über das B1-Niveau hinaus sowie weitere Qualifizierungen für Geflüchtete zu fördern, um den Einstieg in den Arbeitsmarkt und zur Teilhabe in der Gesellschaft zu stärken. Nötig ist ein Hilfsfonds für die Flüchtlingspat*innen sowie ein Bleiberecht für Menschen in Ausbildung oder Arbeit. Ein Landesaufnahmeprogramm ist neu aufzulegen. Viele Kommunen zeigen mit ihrer Unterstützung der Initiative Seebrücke die Bereitschaft, hier mitzuwirken!